24.02.2011
Der Stadtrat gibt den offiziellen Startschuss: Augsburg bewirbt sich mit einer Interessensbekundung um die Aufnahme in die bayerische Vorschlagsliste.
Welterbe-Stätten der UNESCO sind herausragende Zeugnisse der Menschheits- und Naturgeschichte. 1978 wurde die Welterbeliste mit 12 Stätten eröffnet. Im Laufe der Zeit kamen großartige Baudenkmäler wie Angkor Wat in Kambodscha oder die Chinesische Mauer auf diese Liste, einzigartige Ensembles wie die Altstadt von Bamberg oder atemberaubende Kathedralen wie der Aachener und der Kölner Dom. Auch bedeutende Industrieanlagen wie etwa die Zeche „Zollverein“ in Essen zählen zu der exklusiven Familie der Welterbe-Stätten. Diese umfasst derzeit weltweit 1.223 Objekte in 168 Ländern rund um den ganzen Erdball. In Deutschland gibt es aktuell 54 dieser außergewöhnlichen Orte, 10 davon in Bayern.
Augsburg bewarb sich mit seinem weltweit einzigartigen Wassermanagement-System um die Auszeichnung als Welterbe-Stätte. Auf der Grundlage verschiedener wissenschaftlicher Arbeiten bekundete die Stadt 2011 zum ersten Mal ihr Interesse daran, UNESCO-Welterbe-Stätte zu werden.
Über eine Liste der potentiellen bayerischen Kandidaten führte der Weg Augsburgs schließlich auf die deutsche Vorschlagsliste der Welterbe-Kandidaten, wo 2014 das Wassermanagement-System von der Kultusministerkonferenz auf Platz 3 gesetzt wurde.
Der nächste wichtige Schritt bestand darin, UNESCO-Welterbe-Experten zur Erstellung des Welterbeantrags hinzuzuziehen. Außerdem wurde ein eigenes städtisches Bewerbungsbüro eingerichtet. Anfang 2018 fand der Bewerbungsprozess seinen ersten Höhepunkt: Fristgerecht zum 1. Februar wurde die über 800 Seiten starke Bewerbungsschrift zusammen mit umfangreichem Kartenmaterial im Welterbezentrum der UNESCO in Paris abgegeben. Diese wurde anschließend von Welterbe-Experten ausgewertet und evaluiert. Am 06.07.2019 wurde Augsburg mit seinem Wassermanagement-System in die Liste der UNESCO-Welterbe-Stätten eingetragen.
Fünf Bereiche bilden in Augsburg ein komplexes wasserwirtschaftliches System mit bedeutenden und bis heute erhaltenen technischen, architektonischen und industriearchäologischen Denkmälern aus der Zeit vom späten Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert – die 22 Objekte. Um dieses einzigartige System zu schützen und für die ganze Welt sichtbar zu machen, hat sich die Stadt um den Titel UNESCO-Welterbe beworben.
Das Nominierungsgebiet wird durch die Wasserläufe & Kanäle als die wichtigsten Teile des Wassermanagement-Systems definiert. Die Kanäle verlaufen von Süd nach Nord in einer Ausdehnung von mehr als 20 Kilometern, ihre gesamte Länge beträgt etwa 200 Kilometer. Gebaut wurden sie vor dem Jahr 1276, in dem Vorderer, Mittlerer und Hinterer Lech eine erste schriftliche Erwähnung fanden, bis zum Umbau des Eiskanals zur Kanustrecke im Jahr 1972. Die auch Anstiche genannten Ausleitungen aus den Flüssen Lech und Wertach sowie die Singold und die Quellen des Stadtwalds lieferten die Wassermengen für diese Kanäle. Die meisten der Kanäle folgen noch ihrem ursprünglichen Verlauf und haben über Jahrhunderte ihre Lage nicht verändert. Jedoch mussten die Kanaleinfassungen aufgrund ihrer Beanspruchung oft repariert werden, wozu unterschiedliche Materialien verwendet wurden. Hydrotechnische Anlagen und Installationen wie Wasserbauwerke, Trinkwasserwerke und Kraftwerke gehören direkt zu den Kanälen, sind sozusagen über ihnen angeordnet und damit ebenfalls Teil des Nominierungsgebietes. Im Bereich des Lechviertels und der Maximilianstraße ist das Nominierungsgebiet teilweise aufgeweitet, um die dem Wassersystem zugehörige Gebäude, Monumentalbrunnen und Wasserwerke aufzunehmen.
Erste Gedanken zu einer städtischen Bewerbung um den Titel UNESCO-Weltkulturerbe reiften im Jahr 2010 zu einer konkreten Vision: Das einzigartige Wassersystem und die Wasserkunst soll Augsburg in den Rang einer Weltkulturerbe-Stätte heben. Von da an ging alles ganz schnell. Hier die Chronologie der Bewerbung in den wichtigsten Schritten:
Der Stadtrat gibt den offiziellen Startschuss: Augsburg bewirbt sich mit einer Interessensbekundung um die Aufnahme in die bayerische Vorschlagsliste.
Der Stadtrat lässt die Interessensbekundung überarbeiten und erweitern. Basis dafür ist die gutachterliche Empfehlung der vom Bayerischen Kunstministerium eingesetzten Expertenkommission. Gleichzeitig erhält der Augsburger context verlag mit seinem Leiter Martin Kluger den Auftrag, ein begleitendes Fachbuch zu erstellen.
Die Stadt Augsburg reicht die Interessensbekundung ein.
Der Goldene Saal bildet den Rahmen für die offizielle Auftaktveranstaltung. Dabei wird auch das Buchprojekt von Martin Kluger präsentiert.
Der Bayerische Umweltminister Marcel Huber sichert der Stadt Augsburg eine staatliche Unterstützung in Höhe von 25.000 Euro für die Bewerbungsaktivitäten zu.
Das Thema rückt immer weiter in die Mitte der Verwaltung und der Stadtgesellschaft – unter anderem durch diese Aktivitäten:
Ein Beirat und eine Steuerungsgruppe werden gebildet. Das Freiwilligenzentrum wird eingebunden.
Die erstmals abgehaltenen Augsburger Wassertage finden großen Anklang. Jeden 1. Sonntag der Monate Mai bis Oktober können interessierte Bürger den außergewöhnlichen universellen Wert des Augsburger Wassersystems seither hautnah erleben.
Die bereits eingereichte Interessensbekundung wird noch einmal nachgebessert. Für einen Neubau des 2012 abgebauten Wasserrades am Schwallech werden Spenden gesammelt.
Die jährlich stattfindende Lange Kunstnacht steht unter dem Motto „Die lange Nacht des Wassers“.
Der Fachbeirat der Kultusministerkonferenz zur Evaluierung der Vorschläge für die Deutsche Tentativliste nimmt die Inhalte der Augsburger Bewerbung unter die Lupe. Unter anderem stehen die Modellkammer und die Brunnenfiguren im Maximilianmuseum, die Wassertürme am Roten Tor, der Hochablass und die Lechkanäle auf dem Programm.
In der Haag-Villa findet das 1. Symposium „Faszination Wasser“ mit ausgewählten Fachvorträgen statt.
Die Deutsche Kulturministerkonferenz beschließt: Die Bewerbung der Stadt Augsburg wird auf Platz 3 der Deutschen Tentativliste gesetzt!
Das Bayerische Kultusministerium teilt der Stadt Augsburg in einem Schreiben den zeitlichen Fahrplan mit: Im Sommer 2017 soll die Bewerbung zur Vorprüfung abgegeben werden; die finale Einreichung soll bis zum 01.02.2018 erfolgen.
Prof. Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt und damalige Präsidentin des UNESCO-Welterbekomitees, besucht gemeinsam mit 15 UNESCO-Botschaftern und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth die Stadt Augsburg, um die Bewerbungsinhalte aus nächster Nähe kennenzulernen.
Das neu erbaute, aus Spenden finanzierte, Wasserrad am Schwallech wird feierlich in Betrieb genommen.
Der Stadtrat beauftragt das Büro scheuvens+wachten mit der Erstellung eines Managementplans
Im Liliom findet das 2. Symposium „Faszination Wasser“ statt.
Das Büro für Industriearchäologie Darmstadt mit seinem Leiter Rolf Höhmann wird mit der Erstellung von industriearchäologischen Untersuchungen beauftragt.
Im Augustanasaal und im Stadtwerkesaal findet die öffentliche Fachtagung zur Augsburger Bewerbung im internationalen Vergleich statt.
Der Kulturausschuss beschließt die Durchführung einer Sonderausstellung zum Bewerbungsthema der Kunstsammlungen im Jahr 2018.
Der Kulturausschuss beauftragt das Büro für Industriearchäologie Darmstadt (in Kooperation mit planinghaus-Architekten Darmstadt) mit der Erstellung des Welterbeantrags bzw. des Nominierungsdossiers.
Der Organisationsausschuss beschließt die Einrichtung des „Projektbüro UNESCO-Welterbe-Bewerbung“ unter der Leitung von Ulrich Müllegger.
Die Bewerbung wird bei der Kultusministerkonferenz zur Vorprüfung abgegeben.
Die Bewerbung wird zur Vorprüfung im Auswärtigen Amt abgegeben.
Die Bewerbung wird im Hauptsitz der UNESCO in Paris eingereicht.
Die Bewerbung wird erfolgreich auf "technische Vollständigkeit" geprüft.
ICOMOS-Panel in Paris. Letzte Fragen zur Bewerbung werden beantwortet.
Letzte Fragen von ICOMOS und dem World Heritage Centre werden beantwortet.
ICOMOS empfiehlt die Augsburger Bewerbung zur Einschreibung.
Das UNESCO-Welterbe-Komitee nimmt die Bewerbung an und entscheidet: Augsburg ist Weltkulturerbe.
Im Rahmen eines Festaktes wird der Stadt Augsburg von Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt für Internationale Kulturpolitik, die offizielle UNESCO-Urkunde übergeben.